La Tulle Brive Nature ist eine Art « Halte-dich-fit-Veranstaltung » der beiden Schwesterstädte Tulle und Brive-la-Gaillarde im Departement Corrèze (Region Limousin in Zentralfrankreich), die 2011 ins Leben gerufen wurde. Außerdem fand die Veranstaltung am Weltgesundheitstag statt, wie ich auf der Hinfahrt im Radio erfahren hatte.
Wettstreit der Schwestern
Die beiden Städte verbindet eine gewisse Rivalität, da das deutlich kleinere Tulle (15.000 Einwohner) die Hauptstadt des Departements ist, während die etwa 50.000 Einwohner große Stadt Brive-la-Gaillarde den bedeutenderen wirtschaftlichen Standort darstellt.
Neben dem Stoff Tüll, der seinen Namen nach der Stadt Tulle bekam, ist Tulle auch als Standort der letzten Akkordeonfabrik in Frankreich bekannt, dem Hersteller Maugein. In letzter Zeit war von Tulle auch häufiger in den ausländischen Medien zu lesen, da der neue französische Präsident hier zu Hause ist und sieben Jahre lang Bürgermeister war (2001 bis 2008).
Brive dagegen erhält seine wirtschaftliche Bedeutung dadurch, dass es am Kreuzungspunkt der Achsen Paris-Toulouse und Bordeaux-Lyon liegt; die Stadt ist überregional vor allem durch ihre Buchmesse und das Rugbyteam bekannt. Ultraläufern ist Brive vielleicht als Austragungsort von 24-Stunden-Läufen ein Begriff, 2010 wurde hier die Weltmeisterschaft im 24-Stunden-Lauf ausgetragen.
Laufen und mehr
Der Trail, der hier im Mittelpunkt stehen soll, verbindet beide Städte und ist 36 Kilometer lang; Start und Ziel wechseln jedes Jahr zwischen beiden Städten hin und her. Daneben werden noch ein Trail für Einsteiger (12 km), Mountainbike und Rennrad, sowie Wandern und Nordic Walking angeboten, ein richtig großes Sonntagsprogramm also. Ach ja, das Datum: die Veranstaltung fand 2013 am Sonntag, den 7. April statt, also zeitgleich mit den Marathons in Paris und in Cheverny. Die Startgebühr beträgt übrigens nur ganze 11 Euro, was den „Trimm Dich“-Gedanken der Veranstaltung unterstreicht. Ein privater Veranstalter könnte das für diesen Preis nicht kostendeckend organisieren, es sei denn, er hätte einen Megasponsor.
Wie der Begriff „Nature“ im Titel des Laufes andeutet, wird überwiegend auf Feld- und Waldwegen, kleinen Verbindungsstraßen, aber auch Offroad, also querfeldein gelaufen und da wir in Tulle noch in den südwestlichen Ausläufern des Zentralmassivs liegen, kommen zu den 36 Kilometern noch etwa 700 positive Höhenmeter hinzu. Brive liegt dann schon knapp außerhalb des Zentralmassives; die hellen, gelben Kalksteine geben der Stadt bereits ein richtig südfranzösisches Flair, ganz anders als im finsteren, düsteren Tulle.
LaTulleBriveNature – Streckenprofil, 700 positive Höhenmeter auf 36 Kilometern zwischen 110 Metern und 500 Metern Meereshöhe
Nach dem Lauf dann das von meinem Lauffreund Philippe gemessene Profil, das dann immerhin 985 Höhenmeter aufwies, die Distanz dagegen waren exakt die angegebenen 36 Kilometer.
Nach dem Lauf hat mit Philippe dann dieses Profil zur Verfügung gestellt (Danke dafür!). Nach seinen Angaben waren es 985 positive Höhenmeter.
Doch nun zum Lauf selbst
Wieder mal heißt es früh aufstehen, denn vor dem Start heißt es noch eine Stunde Auto fahren und dann die Startnummer abholen.
Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Elisabeth, die heute den Chauffeur spielt! Das heißt, keine Parkplatzsuche vor dem Start, keinen Shuttlebus, um nach dem Zieleinlauf wieder zu unserem Auto zurückzukommen und keine eigene Heimfahrt nach dem Lauf. MERCI BEAUCOUP!
Früh vor dem Start um 9 Uhr ist es mit 3 Grad noch recht frisch, allerdings sorgt eine Blaskapelle „Banda“ für Stimmung bei den etwa 400 Läufern und den Mountainbikern, die dann nach uns starten.
Zum Start in Tulle spielt eine „Banda“
Durch das graue Tulle geht es dann nach 2 Kilometern gleich in den ersten Anstieg von etwa 150 Metern. Wir, das heißt Philippe, Philippe (deren zwei), ein Freund von Philippe und ich, sind von Anfang an im hinteren Teil, schließlich ist es für drei von uns der erste Lauf der Saison. Die Bedingungen sind gut, auch der Untergrund ist vom Regen während der Woche noch nicht zu sehr aufgeweicht, aber das soll sich noch ändern…
Eins muss man sagen: die Organisatoren haben sich wirklich alle Mühe gegeben, um uns die Schönheit der Landschaft der Corrèze näherzubringen. Noch ist der Himmel zwar bedeckt, aber gegen 11 Uhr wird sich dann die Sonne zeigen und die morgendliche Bewölkung auflösen.
Nach dem ersten Anstieg geht es dann wiederüberwiegend bergab bis zu einem kleineren Aufstieg nach Cornil, einem kleinen Ort, der von seiner romanischen Kirche und den Resten einer Burg dominiert wird.
Danach wieder bergab, bis uns bei Kilometer 13 der größte Anstieg erwartet. 5 Kilometer geht es hinauf auf den Puy Pauliac, noch über den Steinbruch kurz unterhalb des Gipfels hinaus, bis zu einem Aussichtspunkt mit Orientierungstafel. Bis dahin gilt es ein kleines Felsenmeer aus Granitblöcken bis nach ganz oben zu überwinden.
Die Talsohle des alten Steinbruchs am Puy Pauliac – zum Verpflegungspunkt geht es ganz nach oben
Oberhalb des Steinbruchs des Puy Pauliac gibt es einen Aussichtspunkt mit einer Orientierungstafel und – wichtiger – mit einem Verpflegungspunkt
Über 300 Meter geht es wieder hinab, immer wieder auch querfeldein über Wiesen, oder in den Wald geschlagenen Schneisen, das Laufen ist nicht immer ganz so einfach, wie auf Wegen, dazu kommt noch der aufgeweichte Untergrund, der dann seine Krönung im nächsten Anstieg findet, der sich in ein kleines Bachbett verwandelt hat und dem auch durch Zäune und Gebüsch nicht ausgewichen werden kann. Immer wieder machen auch Wandergruppen, die oft dieselben Wege nehmen, das Vorwärtskommen schwierig.
Kalvarienberg oberhalb von Aubazine – auch hier ging es für Läufer und Wanderer ganz nach oben
Mittlerweile sind auch fast 4 Stunden vergangen und die Steigungen werden schwerer und schwerer. Unsere kleine Gruppe hatte sich längst aufgelöst, aber durch Zufall treffe ich Philippe, der noch blendend in Form ist und mich dann die letzten Kilometer bis ins Ziel begleitet. Die 6 Kilometer vor dem Ziel sind fast eben und es geht nach Brive hinein. Kurz vor der Ziellinie laufen wir noch durch das Rugbystadion von Brive, das mit seinen 15.000 Plätzen zwar menschenleer ist, aber über die Lautsprecheranlage wird Applaus eingespielt, der uns auf den letzten Metern noch einmal beflügelt.
Nach 4 Stunden 45 Minuten laufe ich dann dank Philippe ins Ziel. Alles in allem ein landschaftlich sehr schöner Lauf, vor allem unter der lange vermissten Sonne und mit den ersten Frühlingsblumen. Ein Marathon (Paris oder Cheverny) wäre heute aber sicher einfacher gewesen!
Und da es hier nicht nur ums Laufen geht, noch zwei touristische Sehenswürdigkeiten, eine direkt an der Laufstrecke und eine nicht weit davon.
Ausflugstipp 1: Le Canal des Moines (Kanal der Mönche) in Aubazine
Ein frühes Beispiel außergewöhnlicher Ingenieurbaukunst ist der Kanal der Mönche in Aubazine, ein 1,5 Kilometer langer Versorgungskanal, der im 12. Jahrhundert von Mönchen der romanischen Zisterzienserabtei in Aubazine in einen steilen Berghang gegraben wurde. Der Kanal zapft den kleinen Bach Coyroux an und versorgt Teiche, Mühlen und die Abtei selbst mit frischem Wasser. Es ist wirklich beeindruckend, wie der Kanal hoch am Hang weiter über dem Bachbett verläuft und mit welcher Präzision das Gefälle und der Verlauf geplant wurden. Das Bauwerk wurde 2010 komplett restauriert und ist das ganze Jahr über seine ganze Länge frei zugänglich. Ausschilderung ab dem zentralen Platz in Aubazine (zwischen Tulle und Brive).
Der Canal des Moines bei Aubazine verläuft zum Teil spektakulär weit oberhalb des Tales, von dem er sich weiter oben das Wasser anzapft
Abtei in Aubazine, die durch den Canal des Moines mit Frischwasser versorgt wird
Ausflugstipp 2 in Donzenac, 5 Kilometer nördlich von Brive: Les Pans de Travassac
Wieder eine „Man-Made“ Natursehenswürdigkeit vom Feinsten: Ein alter Schieferbruch. Das Besondere daran ist, dass die abgebauten Schiefer hier senkrecht, oder saiger, wie es bergmännisch heißt, stehen. Dadurch entstand durch den Abbau ein kulissenartig aufgebauter Steinbruch. Senkrecht aufragende Wände der zwischen den Schieferlagen befindlichen nicht abgebauten Gesteine und vollgelaufene Abbaugruben bilden eine spektakuläre Kulisse, die teils über Metallstege, teils über Durchbrüche in den Felswänden zugänglich ist. Ein wahres Eldorado für Fotofans! Zugänglich von April bis November, nur mit Führung, Eintritt. Auch heute werden noch kleine Mengen Schiefer zu Restaurierungszwecken abgebaut. Wie es gemacht wird, wird auf der Führung gezeigt. Viele Fotos und Infos auch in englischer Sprache: http://www.lespansdetravassac.com/
Steile Wände der nicht abgebauten Zwischenschichten bilden eine beeindruckende Kulisse im alten Schieferbruch von Donzenac