Vom Aubrac in das Tal des Lot
Die zweite lange Etappe
Natürlich steckt heute Morgen noch die Müdigkeit von gestern in den Knochen. Vorteil heute: es geht viel bergab, nämlich von der Hochfläche des Aubrac hinunter in das Tal des Lot auf gut 300 Meter Meereshöhe.
Über die Weiden des Aubrac
Abschied vom Aubrac
Zunächst aber erst noch einmal das Aubrac. Verliefen die Wege gestern noch zwischen den Weideflächen hindurch, ist die Wegführung heute eine Andere: wir durchqueren die Weiden. Also: Gatter auf, Gatter zu, wie wir das von den Alpen kennen. Außerdem haben die Kühe die Eigenschaft, sich immer wieder genau vor den Toren niederzulassen, so dass auch diese erst zur Seite komplimentiert werden wollen. So kommt am frühen Morgen echtes Alm-Feeling auf.
Heute Morgen geht es über die Weideflächen des Aubrac
Dann der Ort Aubrac: „an diesem Ort des Schreckens und der tiefen Einsamkeit“ sollen einst die Mönche an die Klostermauern geschrieben haben. Nach alten Aufzeichnungen war man in dieser Gegend auch nur in Gruppen unterwegs, um den Schrecken des Schneefalls, der Wölfe und Wildschweine zu bestehen als auch von Wegelagerern und Straßenräubern sicher zu sein.
Weites Land – über die Hochflächen des Aubrac – ein Traum
Heute ist Aubrac ein beliebter Ferienort, wobei Ort schon zu viel gesagt ist. Ein Hotel, eine einfachere Unterkunft, sonst gibt es hier nicht viel. Erwähnenswert sind allerdings die Kirche mit Ursprüngen im 12. Jahrhundert, ein Überrest der alten Klosteranlage, sowie ein kleiner botanischer Garten mit den typischen Pflanzen der Hochfläche.
Ankunft im kleinen Ort Aubrac – nur zur Transhumance (Almauf-/abtrieb)
ist hier wirklich was los
Aubrac – Vom alten Kloster (Domerie) ist noch die Kirche erhalten
Aligot:
Wir können das Plateau des Aubrac aber nicht verlassen, ohne die gastronomische Spezialität der Region zu erwähnen: das Aligot. Es besteht zu zwei Dritteln aus Kartoffelbrei und zu einemDrittel aus „Tomme fraiche“, einem sehr jungen, noch weichem Käse, sowie etwas Butter, Sahne, Knoblauch und Kräutern. Diese Mischung wird dann langsam auf dem Feuer und ständigem Rühren erhitzt, bis die Mischung lange Fäden zieht, die sich „bis einen Meter über den Topf ziehen lassen“ (beim Herausschöpfen die Fäden am besten abschneiden). Ein Essen eher für kalte Tage!
Für ein Pelforth war es noch zu früh (Frühstückspause)
Ins Tal des Lot
Die Landschaft ändert jetzt sehr schnell ihre Erscheinungsform. Dichte Wälder und üppige Vegetation säumen unseren Weg hinab ins Tal des Lot. Allerdings machen viele große Steine und schlechte Wege den erhofften leichten Abstieg viel schwerer als erwartet. In der schönen Gemeinde St. Chély d‘Aubrac ist Frühstückspause. Ein kleines Teilchen, gefüllt mit Heidelbeeren lacht mich aus einer Bäckerei an, stellt sich dann aber leider als sehr trocken heraus. Schade! Damit der Tag nicht zu einfach wird, geht es jetzt erst noch einmal 100 Höhenmeter hinauf, bevor es endgültig ins Lottal hinuntergeht.
St.-Côme-d’Olt – Mittagspause in einem der schönsten Dörfer Frankreichs
Eine Kulturreise
St.Côme d’Olt, eines der schönsten Dörfer Frankreichs erwartet uns (zu den „plus beau villages de France“ siehe den Artikel XXXX). Ein schattiger kleiner Park ist Ort unserer Mittagspause. Nudelsalat! Her mit den Kalorien!
Nächster kultureller Höhepunkt ist die kleine romanische „Chapelle de Perse“ bei Espalion. Ein kleiner Aufstieg ist nötig, um ins Innere zu kommen, aber es lohnt sich. Das Tympanon, Wandmalereien und Skulpturen lohnen den Umweg. Außerdem ist um die Kapelle ein kleiner Friedhof und wo ein Friedhof ist, da ist auch ein Wasserhahn! Hier sogar mit „Eau potable“, also Trinkwasser.
Die romanische Chapelle de Perse bei Espalion
Und nochmal Kultur: Eine Besonderheit gibt es ein paar Kilometer weiter in der Kirche Saint-Pierre de Bessuéjouls: Die gotische Kirche mit noch vorhandenen romanischen Elementen im Turm liegt wunderschön im Grünen. Um die Besonderheit zu finden, muss man sich im Turm durch einen wahrlich schmalen Aufgang nach oben zwängen und kommt dann in eine romanische Kapelle, die erhöht im Turm liegt. Wirklich ein Kuriosum!
St. Pierre wartet mit einer Überraschung im Inneren auf
Das Pilgern kein Zuckerschlecken ist, beweist die Wegführung nach der schönen Kirche. Statt im Tal zu bleiben, nimmt der Weg die Direttissima über den nächsten Höhenzug: 200 Meter Höhenmeter steiler Anstieg! Ich frage mich, ob der Pilger, den ich bei der Kirche getroffen habe, mit seinem voll bepacktem Esel, hier wohl hinaufkommt. Aber mir bleibt nicht die Zeit, das abzuwarten, denn wieder ist ein Gewitter im Anzug. Noch 9 lange Kilometer bis nach Estaing!
Das Schloss von Estaing – wieder eines der schönsten Dörfer Frankreichs
Estaing
Wir befinden uns übrigens jetzt im Departement Aveyron und sind damit mittlerweile auch in der Region Midi-Pyrénées angekommen. Die alte Bezeichnung der Landschaft ist „Rouergue“. Estaing, wieder eines der schönsten Dörfer Frankreichs, mit seinem imposanten Schloss will einfach nicht näher kommen. Nach Verrières ist zwar der Lot wieder erreicht, aber die Straßenschilder weisen noch drei unerbittliche Kilometer bis Estaing aus. Puuuhhhhh!
Die lange Etappe findet ihr offizielles und angemessenes Ende auf der gotischen Brücke von Estaing, wo unsere Organisatoren uns mit ihren Fotoapparaten empfangen, damit es auch schöne Ankunftsbilder für unser Album gibt! Also: OUISTITI !!!
Geschlafen wir heute pilgergerecht in einer umgebauten Kapelle – frisch renoviert und heute Gite der Gemeinde Estaing.
Ankunft in Estaing – das Tagesziel ist erreicht
Gepäck
Ein paar Worte zum Thema Gepäck: Im Hinblick darauf hatten wir es einfach: bis auf kleine Trinkrucksäcke mit wenigen Dingen im Gepäck, mussten wir nichts auf unserem Rücken transportieren. Zwei Kleinbusse nahmen unser Gepäck jeweils morgens auf und spuckten es abends wieder aus. Jedem „richtigen“ Pilger kann ich nur den Rat geben, wirklich auf alles zu verzichten, was nicht unbedingt notwendig ist und so leicht wie irgend möglich unterwegs zu sein. Zahlreiche, auf Leichtprodukte spezialisierte Hersteller machen das heute möglich, wenngleich die Gewichtsreduktion meist auch mit einem höheren Preis einher geht. Einen Leichtrucksack mit maximal 10-12 Kilo würde ich mir als Obergrenze setzen. Außer du willst Buße tun und leiden (viele schicken von unterwegs auch Pakete mit überflüssigem Gepäck nach Hause).
Links
Tourismus im Tal des Lot: http://www.tourisme-lot.com/en
Für den sehr beliebten Abschnitt des Jakobswegs von Le-Puy nach Conques gibt es eine eigene Webseite zur Planung: http://www.lepuyconques.com/ (auch als App)
Infos zu dem Anbieter, mit dem ich unterwegs war (Aventuraid) : http://courses.free.fr/compostelle/
Gelaufen am 7. Juni 2015, 53 Kilometer, Höhendifferenz 989 Meter positiv und 1835 Meter negativ, in 10:26 Stunden. Wetter: früh sonnig, Mittag bis 31 °C, ab Nachmittag aufziehende Gewitter mit ein paar wenigen Regentropfen.