Von der Margeride in das Aubrac
Bevor es los geht –das Briefing
Manch einer, der bisher nur bei Veranstaltungen gelaufen ist, bei denen alles markiert ist, mag sich fragen, wie wir immer unseren Weg finden. Hier die Antwort: Vor jeder Etappe (in der Regel vor oder nach dem Abendessen) verteilt der Veranstalter Farbkopien mit detaillierten Kartenausschnitten. Auf diesen sind ebenfalls ein genaues Höhenprofil sowie die Angabe der einzelnen Kilometerpunkte. Zusätzlich gibt es kurze Beschreibungen von Punkten, an denen Zweifel bestehen können, der Weg nicht so gut markiert ist und und und… Außerdem fehlen auch nicht Hinweise und Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten: Damit auch keiner achtlos daran vorbeiläuft, waren auch ein paar Fragen dazu eingebaut, die man nur beantworten konnte, wenn man einen kleinen Umweg in Kauf nahm. Und ganz wichtig bei der Hitze Anfang Juni: der Hinweis auf öffentlich zugängliche Wasserstellen, wenn diese nicht offensichtlich am Weg liegen! Über die Karten wird dann kurz diskutiert –und am nächsten Tag kann’s losgehen.
Weiß-rot-weiß
Zusätzlich zu unseren Karten gibt es natürlich noch die Wegmarkierung des GR 65 (GR für Grande Randonnée, also Fernwanderweg). Zwischen Le Puy und Conques ist der Weg wirklich sehr gut markiert (besser als im letzten Jahr in Südwestfrankreich), Winkel nach rechts oder links in der Markierung zeigen Richtungsänderungen kurz im Voraus an. Aber trotz allem, es gibt immer Spezialisten, die es trotzdem schaffen, vom Weg abzukommen. In diesem Fall gilt es, einen unserer zwei Begleiter anzurufen, und um Hilfe zu bitten…. Wenn du das Glück hast und ein Netz vorhanden ist! Wir sind schließlich „dans la France profonde“.
Eine lange Etappe
Heute ist der Start unserer Gruppe schon um 6.30 Uhr, also kein Urlaub für Langschläfer, es stehen aber auch 55 Kilometer auf dem Programm! Wir setzen die Durchquerung der Margeride fort: Weiden und Wälder im Wechsel, nur wenige Dörfer liegen auf unserem Weg. Also Gelegenheit nutzen und rein zum Bäcker! Eine leckere Fougasse lacht mich an (dachte ich), aber ich muss lernen, dass hier eine Fougasse ein süßes Hefegebäck bezeichnet und nicht den salzigen Kuchen, den ich mir ausgesucht hatte. Man lernt nie aus. Dann gibt es halt eine kleine Pizza zum zweiten Frühstück.
Inzwischen haben wir auch das Departement und sogar die Region gewechselt: Wir sind jetzt in Südfrankreich, in der Region Langedoc-Roussillon im Departement Lozère, sicher das untypischste Departement dieser Region und eines der dünnstbesiedelsten in Frankreich.
Die Mittagspause ist heute in einem Gemeindesaal neben der Kirche in Aumont-Aubrac, der auch Pilgern immer offen steht und im Innern Abkühlung bietet und Erfrischungen bereithält. Man meint es hier sehr gut mit den Pilgern (und uns, wobei wir natürlich eigene Gruppenverpflegung dabei haben)!
Im Aubrac
Bei Kilometer 39 ist dann die nächste Landschaft erreicht: das Aubrac. Ähnlich hoch gelegen wie die Margeride – zwischen 1000 und 1500 Metern – wird der Unterschied zwischen beiden schnell klar: auf dem Aubrac gibt es keinen Wald mehr! Nur noch von Steinmauern getrennte Weiden, die von Bachläufen und kleinen Mooren durchsetzt sind, soweit das Auge reicht. Zum Glück gibt es vorher noch einen Verpflegungsstopp bei einer Bar, um die Flüssigkeitsreserven aufzufüllen. Es ist eindeutig: wir sind wirklich auf dem Land, die Hühner laufen durch die Bar und picken die Brosamen der letzten Gäste auf und die Wirtin hat sicher schon zu Zeiten der Präsidentschaft Mitterands das Rentenalter erreicht.
Juhuu – Wolken
Eine gute Nachricht – der Himmel bewölkt sich und in der Ferne beginnen sich, Gewitterwolken aufzubauen. Der Nachmittag im Aubrac verspricht nicht so gnadenlos heiß zu werden, wie uns das am Vorabend angekündigt wurde. Prima!
Wenige Pilger und viele Aubrac-Rinder sind unsere Zeugen, wie wir über die Hochflächen laufen. Höfe und Dörfer sind nun noch seltener als in der Margeride. Eine phantastische Landschaft! Weite Horizonte, nur vereinzelte Höhenzüge verstellen eine quasi unendliche Sicht. Der Wanderer oder Läufer schrumpft irgendwie zusammen in dieser unwirtlichen Gegend. Gleichzeitig werden aber auch die Kilometer jetzt immer länger und so bietet eine Auberge in Montgros eine willkommene Pause, obwohl es nur noch drei Kilometer bis zum Ziel sind.
Nasbinals – woanders wäre Nasbinals ein winziger Ort, hier ist es ein richtiges Zentrum auf der Hochfläche des Aubrac, und das mit seinen gerade einmal 500 Einwohnern. Unsere kleine Dreiergruppe entkommt gerade noch dem Gewitter, bevor wir endlich unsere Gite erreichen. Ein langer Lauftag liegt hinter uns!
Unterkunft und Verpflegung
Ein paar Worte noch zu den Gites an den Etappenzielen. Diese einfachen Unterkünfte sind voll auf die Belange der Wanderer und Pilger zugeschnitten. Neben großen bis sehr großen Schlafsälen, stehen meist auch kleinere Zimmer (2-4 Personen) zur Verfügung. Beim Essen hat man oft die Wahl zwischen Küchenbenutzung zur Selbstverpflegung oder einem servierten Abendessen (3 oder 4 Gänge, versteht sich!).
Inklusive des Abendessens liegen viele Gites vom Budget her um die 30 €, ohne bei etwa 20 €. Mittags findet man ein einfaches „Menu pélérin“ um die 10 €, bei schönem Wetter bietet sich natürlich Picknicken an, alles dafür findet man in Bäckereien und kleinen Geschäften („superettes“) in den Ortschaften.
Links
Mehr über das Aubrac: Tourismus im Aubrac
Für den sehr beliebten Abschnitt des Jakobswegs von Le-Puy nach Conques gibt es eine eigene Webseite zur Planung: http://www.lepuyconques.com/ (auch als App)
Infos zu dem Anbieter, mit dem ich unterwegs war (Aventuraid) : http://courses.free.fr/compostelle/
Gelaufen am 6. Juni 2015: 55 Kilometer, Höhendifferenz 986 Meter positiv und 1103 Meter negativ, in 10:08 Stunden. Wetter: früh sonnig, Mittag bis 31 °C, ab Nachmittag Wolken (yuuhpeeeh!!!)