Ok, der Eiger ist nun definitiv nicht in Frankreich, aber diese jährlichen Ausflüge in die Schweiz bekommen bei mir langsam Tradition. Der Hunderter in Biel 2011, der SwissAlpin in Davos 2012, La Traversée in Verbier im Jahr 2014 und diesmal also Grindelwald am 18. Juli 2015. Vielleicht ist es ja das Leben in Frankreich, das die Sehnsucht nach der geordneten und beschaulichen Schweiz hervorruft, wer weiß!
E51 – Der Panoramatrail
Wie im Vorjahr in Verbier hatte ich mich wieder für die Mitteldistanz entschieden, in diesem Fall für den sogenannten Panoramatrail oder auch E51 mit , man kann es sich denken, 51 Kilometern und insgesamt 3100 positiven (und negativen) Höhenmetern. Die lange Strecke hat 101 Kilometer und ist mit +6700 Metern doch eine gewaltige Herausforderung und hätte bei meinem Tempo einen Lauf durch die ganze Nacht bedeutet. Der kürzere E16 komplettiert das Programm.
Der Tag vor dem Start: Die Startnummer ist abgeholt, das Pflichtmaterial kontrolliert – es kann losgehen!
Sehr warm – auch in den Bergen
An den Tagen vor dem Lauf war ungewöhnlich warmes Bergwetter, so dass der Start auch um eine Stunde auf sechs Uhr morgens vorverlegt wurde. Erwartungsgemäß war alles bestens organisiert, die Startnummernausgabe schnell erledigt und ein obligatorisches Briefing am Vorabend gab die passende Einstimmung sowie letzten Sicherheitshinweise und Wetterprognosen für den Lauftag.
Der Start- und Zielbereich mit dem Eiger im Hintergrund
Die ersten neun Kilometer führen von Grindelwald etwa neunhundert Höhenmeter hinauf auf die Große Scheidegg, Almwiesen wechseln mit Wäldern und schnell werden aus den breiten Wegen Singletrails, die sich den Berg hinaufwinden.
Das erste Zwischenziel ist nach neun Kilometern Aufstieg erreicht: die Große Scheidegg
Recht erholsam geht es dann hinüber auf den First, die spektakuläre Nordwand des Eigers immer zur Linken fest im Blick.
Ein erholsamer Abschnitt: von der Großen Scheidegg zum First
Verpflegungspunkt am First (insgesamt sieben)
Aufstieg nach dem Verpflegungspunkt First zum Bachalpsee
Vom Bachalpsee ist das Faulhorn, mit 2680 Metern der höchste Punkt des Panoramatrails dann schon in Sicht, aber unsere Wegführung ist eine andere und führt uns über die Südflanke des Reeti zunächst hinauf und dann weit bergab zum Oberläger bzw. zur Bussalp.
Ein Bergidyll vor der Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau – der Bachalpsee
Nochmal auftanken, bevor es nach oben geht: Oberläger/Bussalp
Hier ist wieder einer der zahlreichen Verpflegungspunkte bevor dann das schwerste Teilstück steil hinauf auf das Faulhorn erwartet. Zum Glück (für den Läufer) bleibt der Himmel bedeckt und die Temperaturen deutlich unter den vorhergesagten Höchstwerten. Kurz vor dem Gipfel wird es dann sogar empfindlich kühl und es regnet sogar im Gipfelbereich.
700 Höhenmeter im Anstieg, das Ziel immer vor Augen – das Faulhorn.
Also schnell wieder hinunter! Die Landschaft wechselt jetzt komplett das Bild. Dominierten vorher grünbewachsene Hänge und Almwiesen, wird das Gelände jetzt steinig und karstig, leichter Blockschutt ersetzt die bislang doch recht guten Bergpfade.
Im Rückblick – das Faulhorn, 2680 m. Woher der Name wohl kommt? Wer faul ist, kommt nicht hoch oder wie?
Landschaftlich ein Traum – zum Laufen eher weniger – das Saegistal zwischen Faulhorn und Schynige Platte
Wirklich spektakulär!
Dafür werden wir jetzt mit fantastischen Ausblicken hinunter auf Interlaken sowie den Thuner und den Brienzer See belohnt – fast ebenso spektakulär wie zuvor der Blick auf die senkrecht abfallenden Wände des Eiger – der Panoramatrail hat seinen Namen wirklich verdient! Dies bleibt auch so, bis wir den beliebten Ausflugsberg, die Schynige Platte bei Kilometer 35 erreichen.
Vorne Blockschutt und Schneereste, ganz unten der Brienzer See
Trägt den Namen zurecht: der Panoramatrail, hier der Blick vom Trail auf Interlaken und den Thuner See
Dann steht der lange Abstieg nach Burglauenen an: über 1000 Meter geht es oft steil hinab nach Burglauenen, viele Steine und vor allem Wurzeln machen das Laufen nicht gerade flüssig, zudem verziehen sich jetzt am Nachmittag die Wolken und es wird unangenehm heiß. Ein knackiger Gegenanstieg kommt dann auch noch hinzu.
Der steile Abstieg nach Burglauenen – hier ein bequemer Teil über eine frisch gemähte Bergwiese – im Hintergrund schon Grindelwald, das Ziel
In Burglauenen gibt es noch einmal einen Verpflegungspunkt und wer hier ankommt, hat das Ziel „gefühlt“ schon erreicht. Für die Läufer des E101 dagegen, geht es jetzt in den zweiten Streckenabschnitt steil hinauf bis auf den Gipfel des Männlichen.
Die letzten sieben Kilometer des E51 bleiben auf breiten Wegen oder schmalen Straßen und lassen sich „leicht“ laufen. Nur der Schlussanstieg von Grindelwald Grund zum Zielgelände an der Sporthalle hat es dann noch einmal in sich. Aber in der Hauptstraße gibt es zum Lohn noch einmal die Anfeuerung der Zuschauer.
Am Tag danach mit meinem Lauffreund Laurent aus Belgien, Finisher des E101
Gelaufen am 18. Juli 2015 in 11:50:37, das selbstgesteckte Ziel von 12 Stunden war damit erreicht! Natürlich geht es auch schneller: der Sieger des E101 brauchte nur sensationelle 11:44 Stunden und der beste Läufer des E51 war nach 5:22 Stunden wieder in Grindelwald, aber die beiden haben bestimmt unterwegs keine Fotos gemacht!
Brauchtumseinlage der Grindelwalder Trychler mit ihren riesigen Kuhglocken vor der Siegerehrung
Der Vollständigkeit halber: der E101 wurde dann am Abend wegen starker Gewitter für 2 Stunden unterbrochen (zumindest für die Läufer, die einen Kontrollpunkt erreichten) und dann auf (teils verkürzter) Strecke wieder aufgenommen. Eine gute Entscheidung der Organisation!
Fazit: Der Eiger Ultra Trail ist sicher landschaftlich und von der Streckenführung her, einer der schönsten Bergtrails der Alpen. Außerdem bietet Grindelwald viele Möglichkeiten, den Aufenthalt zu verlängern. Ein großer Wermutstropfen ist natürlich der aktuelle Wechselkurs des Schweizer Franken. Aber trotzdem gerne wieder!